Ein Jahr Homeoffice
Ein Jahr Homeoffice – Fluch oder Segen?
Das ganze Thema "Digitale Kommunikation" ist für uns nicht ganz neu, weil wir schon immer – also seit inzwischen zehn Jahren – auch einen Standort in Dresden hatten und mit diesem nie anders kommunizieren konnten.
Neu ist die Menge der Zeit, die man zuhause bzw. alleine zuhause verbringt. Man arbeitet sehr viel konzentrierter, man macht Meetings und agiert damit sehr viel zeitgenauer und ist in der Einhaltung der Termine sehr viel konsequenter. Nachteil ist: Es fehlt der persönliche Austausch, insbesondere der Non-Verbale.
Man muss schon sehr viel mehr und deutlicher miteinander sprechen. Dort, wo sonst schon mal ein Blick oder eine Geste reicht und die Dinge in der Agentur dann ihren Lauf nehmen, kannst Du Dich im Homeoffice gefühlt auf nichts verlassen. Und das liegt gar nicht mal an dem fehlenden Willen der Beteiligten, sondern daran, dass hier ein ganz wichtiges Kommunikationsmittel fehlt.
Das "Fehlbriefing" ist da ein ganz neues Thema. Hier muss man sehr viel genauer agieren, um mögliche "Reibungsverluste" zu vermeiden.
Es gehört auch eine gewisse "Fürsorge" gegenüber den Mitarbeitern dazu. Menschen, die bereits in der Agentur zu den eher "stillen Typen" gehören, werden auch im Homeoffice nicht lauter. Sie werden eher noch stiller.
Wie steht es um die eigene Auffassung dazu, was man im Homeoffice leistet oder nicht leistet? Viele Mitarbeiter scheinen dazu zu tendieren, die eigene Arbeitsleistung im Homeoffice geringer wert zu schätzen als am Arbeitsplatz. Man verfügt selbst über seine Arbeitszeit und bei kleinen Pausen o.ä. wird man sehr viel schneller von einem "schlechten Gewissen" geplagt.
Privat und Beruf können im Homeoffice nicht mehr wirklich gut voneinander getrennt werden. Die Zeiteinteilung wird hier eine ganze andere, also nicht mehr klassisch von 09.00 bis 18.00 Uhr, sondern so, wie es in den gesamten Tag passt. Hauptsache, die geplante Arbeit ist am Ende des Tages erledigt. Und man neigt dazu, im Homeoffice sehr viel mehr zu arbeiten.
Das Thema Worklive-Balance ist heute für HR eigentlich gar kein Thema mehr, weil es etwas ist, dass man so oder so in seinem gelebten Homeoffice-Alltag geregelt bekommen muss. Dagegen muss man manches Mal sogar feste Punkte ziehen und Rituale entwickeln, um beiden Seiten des Lebens gerecht werden zu können.
Der direkte Austausch, das Rumalbern mit den Kollegen fehlt dann doch und können auf digitalem Wege auch nicht gleichwertig ersetzt werden. Trotzdem ist man dadurch nicht unkreativer. Was allerdings nicht kompensiert werden kann, ist der kreative Austausch, wie er beispielsweise sonst in Brainstorming-Runden entwickelt wird.
Im Zuge des ersten Lockdowns hatten wir auch unseren ersten Online-Pitch mit einem Kunden, der eher einem "Rohrkrepierer" gleichkam, weil man sich nicht auf alle Beteiligten einlassen konnte und schlimmer noch, nicht einmal alle Beteiligten kannte und in dem Call zu Gesicht bekam. Und so scheiterte am Ende ein Vertriebsprojekt, das man zuvor mit dem Projektleiter auf Kundenseite schon sicher "eingetütet" zu haben schien.
Persönliche Bindungen innerhalb der Agentur drohen im Homeoffice eher ein wenig auf der Strecke zu bleiben und funktionieren nur über konkrete Verabredungen. Dennoch bleibt die Bindung insgesamt auch in dieser Struktur erstaunlich stabil und funktioniert sogar außerhalb der reinen Arbeit. Wir haben im letzten Jahr unsere Weihnachtsfeier – mit ein wenig Skepsis – gemeinsam via Teams miteinander verbracht und wir hatten einen extrem coolen Abend – eigentlich wie immer – bis 02.00 oder 03.00 Uhr morgens. Es war ein lustiger, abwechslungsreicher und unterhaltsamer Abend. Aber so was entwickelt sich nicht einfach spontan, sondern muss auch vorbereitet werden.
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